16.12.2011

Murks ist jetzt auch juristisch Murks: Fünfte (!) Umplanung zum Grundwassermanagement ist rechtswidrig - Stuttgart 21 gestoppt

Stuttgart 21: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat gestern einer Klage des BUND stattgegeben und die vom Eisenbahnbundesamt zugelassene notwendige Umplanung des Grundwassermanagements, die den Bau einiger Anlagen von einem neuen Planfeststellungsverfahren ausnehmen wollte, für rechtswidrig erklärt. Somit darf das Grundwassermanagement nicht gebaut werden.


Plakat bei einer Demonstration gegen Stuttgart 21 (30.10.2010)

Fünfte Umplanung? Was nicht passt, wird passend gemacht? Remember: "Bestgeplantes Projekt aller Zeiten?", remember: "Alles ist legal und fertig planfestgestellt"?...

Hier der Originaltext des Beschlusses:

"Mit gesondertem Beschluss vom 15.12.2011 (Az: 5 S 2910/11) hat der 5. Senat zugleich in dem anhängigen vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden und die aufschiebende Wirkung der vom BUND gegen den Bescheid vom 30.04.2010 erhobenen Klage wiederhergestellt. Diese Entscheidung bewirkt, dass Baumaßnahmen zur Realisierung des geänderten Grundwassermanagements - entgegen dem vom Eisenbahn-Bundesamt angeordneten Sofortvollzug des Bescheids zur 5. Planänderung - vorläufig unterbleiben müssen.

Gegenstand des nunmehr für rechtswidrig erklärten Bescheids zur 5. Planänderung ist die Umplanung des Grundwassermanagements, welches für den Bau des neuen Tiefbahnhofs erforderlich ist. Das dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 für das Projekt „Stuttgart 21“ zugrundeliegende Grundwasserkonzept sah ursprünglich den Bau von drei einzelnen Infiltrationswasseraufbereitungsanlagen und einer Überschusswasseraufbereitungsanlage an insgesamt vier Standorten in der Nähe des bestehenden Hauptbahnhofsgebäudes vor. Mit dem Bescheid zur 5. Planänderung ließ das Eisenbahn-Bundesamt die „Zentralisierung“ dieser Anlagen an einem Standort zu. Es ging hierbei von der Vorstellung aus, dass der bisherige Planfeststellungsbeschluss nur hinsichtlich des neuen zentralen Technikgebäudes für die Wasserbehandlung geändert werden müsse, die dem Betrieb der neuen Anlage dienenden zahlreichen Rohrleitungen, Grundwassermessstellen und Infiltrationsbrunnen aber außer Betracht bleiben könnten, weil sie als reine Ausführungsplanung nicht planfeststellungsbedürftig seien.

Dem ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt.
 

Er stellt in seinen Entscheidungen klar, dass die genannten Nebenanlagen nicht getrennt von der Umplanung des zentralen Technikgebäudes betrachtet werden dürfen. Diese gehörten notwendigerweise zum Betrieb der (neuen) Wasserbehandlungsanlage und hätten bereits im Rahmen des Verfahrens zur 5. Planänderung in den Blick genommen werden müssen. Das Eisenbahn-Bundesamt hätte die Frage prüfen und planungsrechtlich bewältigen müssen, welche naturschutzrechtlichen Folgen der Bau dieser Nebenanlagen im Bereich des mittleren Schlossgarten insbesondere für die vom Juchtenkäfer besiedelten Bäume mit sich bringt. In diesem Zusammenhang hätte das Eisenbahn-Bundesamt den BUND im Planänderungsverfahren beteiligen müssen. Denn schon während des Planänderungsverfahrens hätten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass (auch) im mittleren Schlossgarten - entgegen bisherigen Erkenntnissen, die dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 zugrunde lagen - doch eine lokale Population des Juchtenkäfers, einer europarechtlich streng geschützten Art, nachgewiesen sei. Bei dieser Sachlage, so der VGH, sei die Frage, ob der Bau der Rohrleitungen, Grundwassermessstellen und Infiltrationsbrunnen im Mittleren Schlossgarten zu relevanten Beeinträchtigungen dieser Population führe und welche verbindlichen Maßnahmen zum Schutz dieser Population ggf. zu ergreifen seien, schon im Rahmen des Planänderungsverfahrens zu bewältigen gewesen und hätte nicht der Bauausführung vorbehalten werden dürfen.

Der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangene Beschluss (5 S 2910/11) ist unanfechtbar.

Die Revision gegen das Urteil (5 S 2100/11) hat der VGH nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden."


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