12.02.2012

"In Europa wird wieder deutsch gesprochen". Austerität und Fiskalradikalismus ohne Stimuli - ein unwirksames Mittel in der Krise

Angela Merkel fährt - ihr Hündchen Sarkozy, vom baldigen Machtverlust geplagt, im Schlepptau - in der Eurokrise einen strengen Austeritätskurs. Die "Mehrzahl der Deutschen" honoriert das und sieht die "deutschen Interessen" (d.h. möglichst viel Profit für die Wirtschaft bei möglichst wenig Einsatz) mit diesem Kurs gut vertreten.


Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel beim gemeinsamen Pressestatement auf der 45. Münchner Sicherheitskonferenz, 7. Februar 2009


Merkel mag vielleicht "deutsche" Interessen vertreten, aber die welcher Deutscher? Die der oberen Zehntausend, d.h. die der Manager der deutschen Wirtschaft und die Zocker der Hochfinanz. Selbst das mit der Wirtschaft ist zweifelhaft, denn was hilft es, den Ländern krasse Sparprogramme wie den jetzigen "Fiskalpakt" aufzudrücken
, die "unsre" deutschen Produkte kaufen sollen? Schon klar, dass dann bis Mitte 2012 eine Rezession vorhergesagt wird. Die Krise ist nicht überstanden (höchstens für die Deutsche Bank, die wieder Rekordgewinne, u.a. mit Spekulationen auf Lebensmittel und Finanzierung von Waffengeschäften gemacht hat und die Banken, die aus dem EFSF Geld für niedrige Zinsen bekommen, dass sie dann zu höheren Zinsen wieder an die Länder und private Investoren verleihen (!)), sondern springt sehr wahrscheinlich aufgrund der Austerität bald auf die Realwirtschaft über.


Ein Schuldenschnitt, v.a. der privaten Gläubiger und Banken, für Griechenland u.a. (kommt bisher nicht zustande) und EZB-"Marshallplan" für die PIIGS (Por, It, Irl, Gr, Sp) u. evtl. andere (wird bisher von den Sparfaschisten rundweg abgelehnt) wäre wahrscheinlich sinnvoller (nachfrageorientierter Ansatz), ebenso wie Eurobonds, damit "die Märkte" nicht weiter auf die Staatspleite von Staaten spekulieren können. Das Geld sollte dann von der EZB direkt in die Staaten fließen, nicht über den Umweg der Banken, die sich davon nur auf Kosten der Steuerzahler gesund sanieren. Die Einnahmeseite der Staatshaushalte muss endlich viel stärker beachtet werden, d.h. die Reichen (in Griechenland, aber auch weltweit), müssen (höhere) Steuern zahlen, ihr Steuersatz ist in den letzten Jahren um ein Viertel (in den USA mehr) zurückgegangen oder sie haben gar keine Steuern bezahlt/diese hinterzogen (Griechenland, Italien, aber auch BRD). Die Vermögenden müssen stärker an der Lösung des Dilemmas beteiligt werden, einige (z.B. Warren Buffet in den USA) haben sich auch bereit erklärt, mehr Steuern zu zahlen bzw. sagen offen, dass sie zu wenig zahlen (Mitt Romney dagegen findet es wahrscheinlich richtig, dass er als Multimillionär nur 15% (!) auf sein größtenteils mit Hegde-Fonds "verdientes" Einkommen zahlt, der Durchschnitts-Amerikaner zahlt ca. 30%; Obama attackierte ihn daher in seiner "state of the union address" indirekt zurecht).

Zugleich müssen die Finanzmärkte stärker reguliert werden, hier ist so gut wie nichts passiert, obwohl es seit drei Jahren mantraartig von allen Parteien (vllt. außer der FDP) gefordert wird. Die Hörigkeit der Politik gegenüber den "Märkten" muss aufhören. Merkel hat seit 2008 immer nur widerwillig Maßnahmen eingeleitet, die die Staaten gegenüber den Märkten (zumindest teilweise) gestärkt haben (d.h. Garantien (Rettungsschirm)). Ihr war sogar die Wahl in NRW 2009 wichtiger als die Zukunft Griechenlands. Durch Ihr Zögern wurde die Lage schlimmer. Von daher fährt sie keinen Zickzackkurs, das stimmt, sie folgt immer den Interessen der Märkte bzw. sie "wird gefahren", lässt sich von ihnen treiben.

Langfristig muss das Finanzsystem reformiert werden, ein sinnvoller Schritt wäre z.B. ein Trennbankensystem, das Casino-Investmentbanken von Geschäftsbanken trennt und sie ihrem eigenen Schicksal überlässt (keine staatliche Haftung für diese Zockerbanken mehr). So könnte man sie pleite gehen lassen ohne Risiko für "normale" Privatkunden. Eine Finanztransaktionssteuer ist zwingend, um die Banken an den Kosten zu beteiligen und die Einnahmeseite zu stärken.