"Schöpferische Zerstörung": diesen ursprünglich von Marx stammenden Begriff machte der österreichisch-amerikanische Ökonom Joseph Schumpeter (1883-1950) in seinem Werk "Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie" (1942) zu einem Schlagwort der Wirtschaftstheorie. "Schöpferische Zerstörung" beschreibt in der Schumpeterschen Theorie des Kapitalismus den Kern wirtschaftlicher Dynamik in der Entstehung von Neuem durch die Zerstörung des Alten, die Ablösung alter Strukturen durch neue, auf Innovationen basierenden und diese legitmierenden Strukturen.
Abriss des Südflügels des Bahnhofsgebäudes, Stuttgart Hbf, 2. Februar 2012 |
In der Postdemokratie (Colin Crouch) des 21. Jh. scheint "Legitimation von Zerstörung durch Innovation" nicht mehr zu gelten. Der Kapitalismus perpetuiert sich nun ohne gesamt-gesellschaftlichen Fortschritt. Beispiel Stuttgart 21: Hier wird Schumpeters Prinzip nur in seiner destruktiven Dynamik angewandt, das innovative Element fehlt: ein funktionierender, alter Eisenbahnknoten soll ohne Not durch einen bereits vor seiner Fertigstellung veralteten (Bsp. keine Barriefreiheit in einer alternden Gesellschaft u.a.), allenfalls gleichwertigen, wahrscheinlich dysfunktionaleren, neuen abgelöst werden; das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist negativ (jedenfalls für die Volkswirtschaft und den Steuerzahler/Bürger, nicht für die bald privatisierte Deutsche Bahn und ECE (s.u.)). Auch bei der praktischen Ausführung dieser Regression verfolgt der Projektbetreiber, die Deutsche Bahn, derzeit in ihrer Planung nur das Prinzip "sinn- und planlose Zerstörung".
Mit dem Südflügelabriss und der Vorbereitung der Fildertunnel-Bohrung wird versucht, Fakten zu schaffen, um nachher die Genehmigung mit Sachzwängen ("unumkehrbar") durchzudrücken. Diese Abrissmaßnahmen - ebenso wie die artenschutzrechtlich bedenklichen Baumfällungen - sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder notwendig noch zulässig (fehlende Planfeststellung (s.u.)). Durch die Zerstörung soll zudem eine Machtdemonstration erfolgen, ohne dass jedoch die Macht durch (planerische) Kompetenz und Sachverstand legitimiert wäre. Sie wird hier in ihrer reinsten, unbegründetsten Form ausgeübt, als "die Fähigkeit, Ziele zu erreichen, ohne sich äußeren Ansprüchen unterwerfen zu müssen" (Quelle: "Macht" bei "Wikipedia").Die von den Skeptikern/Projektgegnern prognostizierten, aber vom S-21-Kartell im Abstimmungswahlkampf verschwiegenen Planungspannen und -probleme sind eingetreten: